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Teamplayerin im Stadion und Einzelkämpferin im Theater

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LINDAU / sz - Ein kalter, regnerischer Novembertag. Eine Handvoll Zuschauer haben sich in das Stadion der Spielvereinigung Lindau verirrt, wo die Fußballerinnen des Bezirksliga-Spitzenreiters dem SV Beuren/Isny keine Chance lassen. „Das Wetter ist mir egal, und ich könnte auch vor und für niemanden spielen“, sagt Laura Steiner aus Langen, und es war so, als ob ihr alle zustimmten. Das noch zu niedrig ausgefallene 3:0 tat dabei sein Übriges. Die Leidenschaft und der Einsatz waren bei allen Akteurinnen gleich groß – auch wenn sich die eine oder andere einem noch ganz anderen Hobby widmet.

Schauplatzwechsel. Über 100 Zuschauer haben sich in festlicher Kleidung zu einem Konzert im Bregenzer Theater am Kornmarkt eingefunden, dem von der Musikschule Bregenz organisierten Schlusskonzert. „Kurz zuvor bin ich wahnsinnig nervös. Wenn ich dann vor dem Klavier sitze, blende ich das Publikum aus und werde immer ruhiger“, meint Hannah Penz, die Nummer 13 der Spielvereinigung Lindau. Rumänische Volkstänze von Béla Bartok, Walzer Op. 64 Nr. 2 Cis Moll von Frédéric Chopin oder als „Sechser“ im defensiven Mittelfeld. Die 17-jährige Bregenzerin fühlt sich mit beiden Spielgeräten gleich wohl. Und kann auch mit beiden umgehen.

Bach und Ribery

Mit dem Klavierspiel hat Hannah Penz als Sechsjährige begonnen, dem Ball jagt die gebürtige Wienerin, die als Zweijährige nach Bregenz kam, die siebte Saison hinterher. Seither begeistern sie Bach und Chopin, Ribery und Thierry Henry gleichermaßen. „Klavier spiele ich, weil es mir Spaß macht, nicht um Preise zu gewinnen. Ich freue mich, anderen eine Freude zu machen“, so die 17-Jährige, die „einfach weiterspielt“, wenn ihr ein Fehler unterläuft. Wobei ihr dies auch von ihrem Fußballtrainer Achim Schnober eingeimpft wurde. Fußball spiele sie hingegen „ganz klar, um zu gewinnen. Wenn da einer reinruft, ist es zwar ungewohnt, aber mittlerweile ignoriere ich es.“

Warum sich Hannah Penz nun auf der Bühne eines Theaters (wie auch schon der des Kosmos in Bregenz) oder vor der Haupttribüne eines Stadions gleichermaßen zurechtfindet, könne sie sich nicht erklären. „Zugegeben, das sind zwei völlig unterschiedliche Situationen. Aber bei beiden kann ich vom Schulstress abschalten, indem ich mich nur auf das Klavier- oder das Fußballspiel konzentriere.“

Zugegeben: Das klappt bisher vorzüglich, in der 11. Klasse des Gallus-Bundesgymnasiums lässt Penz eine Eins der anderen folgen, um „einen gescheiten Abschluss zu erlangen und studieren zu können“. Ihre Eltern dienen dabei als Vorbilder, Mutter Susanne, die aus Hörbranz kommt, ist Steuerberaterin („Darum kann ich mir etwas im Bereich der Volkswirtschaft vorstellen.“), der aus Linz stammende Vater Peter legte die Basis („Er hat mir beigebracht, Dinge gleich zu erledigen.“). Dieser hat, wie die aus Lindau stammende Großmutter, ebenfalls schon Klavier gespielt.

Gute Ausbilder

Dass der Spaß bei Hannah Penz im musikalischen, wie sportlichen Bereich hochgehalten wird, hat mit Sicherheit auch mit den jeweiligen Trainern zu tun. Achim Schnober streut mit seinem Schützling zuweilen Treppenläufe auf der Seebühne ein, zu Klavierlehrerin Dolores Reiner pflegt die Bregenzerin laut eigener Aussage ein fast schon freundschaftliches Verhältnis. Während die Suche nach einem Klavier die weniger aufwändigere gewesen sein dürfte, gestaltete sich diese nach einem geeigneten Fußballverein komplizierter. „Deutschland war soeben Weltmeister geworden, da meinte meine Mutter, wir sollten in Lindau schauen, weil ich für den FC Lustenau noch zu jung war, um spielen zu können.“ Lindaus Vorstandsmitglied und Frauenleiter Hans Langenbach, der schon mit Zeitungsanzeigen um Spielerinnen geworben hat, empfing Penz, wie auch sieben weitere österreichische Spielerinnen, mit offenen Armen.

Ein Kreuzbandriss im März 2012 bei einem Hallenturnier in Lindenberg sollte nicht das Aus bedeuten, „ich wollte unbedingt zurück. Wieder aufstehen. Nicht dazu gezwungen werden, aufzuhören, sondern selbst entscheiden“, sagt eine kämpferische 17-Jährige. Die dann doch noch eine Erklärung für ihre beiden so unterschiedlichen Vorlieben parat hat. „Ich denke, du brauchst von beidem was: du musst Teamplayer, wie auch Einzelkämpfer sein, alleine und mit anderen klarkommen. Auf beiden Seiten Erfolgserlebnisse feiern können. Das ist es.“

Von Jochen Dedeleit


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