RAVENSBURG / sz - Drei Jahre lang hat Marco Konrad an der Seitenlinie des Fußball-Verbandsligisten FV Ravensburg gestanden. Mit dem Ende seiner Ravensburger Zeit hat der Fußballtrainer das lang ersehnte Vereinsziel, den Aufstieg in die Oberliga, geschafft. Der SZ-Redakteur Thorsten Kern hat sich mit dem 38-jährigen Marco Konrad über dessen Zukunft, die Zeit beim FV und die Oberliga unterhalten.
Herr Konrad, wie schön war es, mit dem Abschied vom FV das Ziel Aufstieg erreicht zu haben?
Konrad: Es war der krönende Abschluss über eine sehr schöne Zeit mit einer tollen ersten Saison und mit einer zweiten Saison, in der wir am meisten gelernt haben. In der dritten Saison konnten wir das Gelernte anwenden. Ich glaube, auch die Jungs hatten eine schöne Zeit. Wir freuen uns alle, dass wir für den Verein das große Ziel erreicht haben.
War es für Sie eine gewisse Erleichterung, den Aufstieg noch geschafft zu haben?
Natürlich ist eine Erleichterung da, vor allem, weil wir uns das Ziel langfristig gesteckt haben. Auch ich wollte es drei Jahre lang versuchen. Ich bin froh, dass ich dieses Projekt, den FV in die Oberliga zu bringen, abschließen konnte. Deswegen war der Aufstieg schon sehr wichtig.
Wenn wir auf die vergangene Saison blicken. Waren Spieler wie Harun Toprak und Tobias Scheifler die fehlenden Mosaiksteinchen?
Tobi war vor zwei Jahren ja auch schon da. Aber damals waren wir in einer anderen Situation. Es war eine unbekümmerte, junge Mannschaft, die drauflosgespielt hat. Dieses Jahr ist diese Unbekümmertheit ein bisschen der Routine und der Abgeklärtheit gewichen. Das haben bei einigen natürlich die drei Jahre im Seniorenbereich mit sich gebracht. Harun hat sicherlich gerade zum Schluss – als er die nötige körperliche Fitness hatte – einen großen Anteil am Aufstieg. Tobi war zum Schluss auch in einer sehr guten Position. Wobei man bei ihm mit Abstrichen sagen muss, dass vor allem in der Rückrunde noch Luft nach oben da war.
Wie wird sich der FV Ravensburg in der Oberliga schlagen?
Ich traue der Mannschaft einen einstelligen Tabellenplatz zu. Es muss natürlich alles passen. Die ersten fünf, sechs Mannschaften werden wohl erst mal außen vor sein, zum Beispiel Walldorf, der VfR Mannheim und auch der 1. FC Heidenheim II. Wenn die Jungs ihr fußballerisches Potenzial ausschöpfen können, dann sollten sie sich aber vom Abstiegskampf fernhalten. Das sollte auch das Ziel sein.
Auf längere Sicht gesehen: Ist für den FV mehr drin als die Oberliga?
Jetzt geht es erst einmal darum, sich in der Liga zu etablieren. Ich habe es aber selbst erlebt, in vier Jahren mit Ulm vier Klassen nach oben zu steigen. Es ist alles möglich. Sollte es klappen, bin ich sicher, dass auch die Regionalliga im Oberschwäbischen drin ist. Dann wäre auch der Zuspruch viel größer. Denn dass die Begeisterung da ist, hat man bei den Aufstiegsspielen oder auch beim Pokalspiel gegen Heidenheim gesehen.
Muss dann aber nicht neben Daniel Di Leo ein zweiter Torjäger her?
Andreas Kalteis hat in der Rückrunde sehr viel dazugelernt. Er hat sehr gut gegen den Ball gearbeitet und dadurch Daniel Di Leo Räume geschaffen. Auch Di Leo hat sich in seinem Defensivspiel in den vergangenen drei Jahren extrem verbessert. Jetzt kommen mit Viktor Hasenkampf und Rahman Soyudogru zwei Offensivleute. Rahman traue ich zehn Tore in der Oberliga zu, wenn er körperlich fit ist. Er hat in der Türkei viele Erfahrungen gesammelt, jetzt geht es für ihn darum, Erfolgserlebnisse zu bekommen. Er hat beim FV große Chancen, wieder auf sich aufmerksam zu machen.
Ihr bisheriger Co-Trainer Gerhard Rill ist der neue Cheftrainer. Haben Sie ihm etwas mit auf den Weg gegeben? Hat er das Zeug zum Oberligatrainer?
Ich traue ihm das zu, sonst wäre es auch nicht mein erster Gedanke gewesen, es auf ihn zu übertragen. Das war auch der Wunsch des Vorstands. Er kennt den Verein, er ist dort noch länger Trainer als ich, er hat die A-Jugend und die U23 trainiert. Wenn man sich die TSG Hoffenheim anschaut, die gerade zurück zu ihren Wurzeln geht, dann merkt man, dass man nicht nur die Spieler von unten aufbauen muss, sondern auch die Trainer. Gerhard hat bisher einen sehr guten Weg genommen. Wir telefonieren regelmäßig und tauschen uns oft aus. Ich habe weiterhin einen engen Draht zu ihm.
Wenn man auf Ihre drei Jahre beim FV zurückblickt. Was war, neben dem Aufstieg, der schönste Moment?
Gerade letztes Jahr war für mich das Trainingslager ein ganz eindrückliches Erlebnis. Da waren wir drei Tage zusammen, wir waren klettern, laufen. Zudem war es schön zu sehen, wie die Spieler Verantwortung übernommen haben, für sich und für die Mitspieler. Es gab viele Tage, die mir sehr gut gefallen haben. Ich bin auch froh, dass ich die Menschen kennengelernt habe. Da bleibt jetzt schon ein Stück von mir in Ravensburg hängen. Außerdem kann ich mir sehr viel von den Menschen dort mitnehmen.
Andersherum gefragt: Was war der schlimmste Moment in Ihrer FV-Zeit?
Das war ganz sicher der Start, das 1:7 in Aalen, als ich selber noch als Spieler aufgelaufen bin. Da habe ich gemerkt: Hoppla, es ist gar nicht so einfach, sich als Spieler und als Trainer zu behaupten. Wenn solche Momente allerdings am Anfang kommen, dann kann es nur besser werden. So ist es auch gekommen.
Haben Sie vielleicht als junger Trainer Fehler gemacht, die Sie jetzt im Rückblick anders machen würden?
Nein, absolut nicht. Ich bin froh um jede Entscheidung, die ich damals getroffen habe. Natürlich habe ich auf Ratschläge und Tipps von Insidern gehört. Aber ich bin froh, dass ich die Entscheidungen so getroffen habe. Nur dadurch konnte ich das Handwerk lernen. Ein großer Dank gilt hier den Verantwortlichen, die mir die Zeit gegeben haben. Beim FV Ravensburg war es ja nicht alltäglich, dass ein Trainer über einen längeren Zeitraum arbeitet. Da gab es doch einige Wechsel. Da war ich froh über die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vorstand und dem Sportlichen Leiter Peter Mörth.
Apropos Peter Mörth. Es wird ab und an gemunkelt, dass ein Trainer beim FV immer etwas hinter dem Sportlichen Leiter zurücksteht...
Es ist definitiv so, dass der Sportliche Leiter beim FV das Sagen hat und das Ganze führt. Ohne ihn ginge es auch nicht. Die Zusammenarbeit zwischen Peter und mir war immer offen, vertraulich und konstruktiv. Natürlich waren wir zwischendurch mal nicht einer Meinung. Aber wir haben uns auf eine gewisse Art und Weise sehr gut ergänzt. Ich bin gut mit ihm klargekommen. Reibereien gibt es, das muss man miteinander klären. Das haben wir gemacht.
Sie haben eine Zeit lang ohne Co-Trainer gearbeitet. War das im Nachhinein vielleicht zu viel? Haben Sie da die Belastung etwas unterschätzt?
Kann sein, ich bin aber trotzdem froh um die Zeit. Ich war nie jemand, der groß darauf gepocht hat, dass unbedingt ein zweiter Mann hermuss. Es war für mich die Möglichkeit, noch mehr zu schauen, was ich mache. Da macht man natürlich Fehler. Wenn ich die Fehler mehrmals gemacht hätte, hätte ich bestimmt etwas falsch gemacht. Was meine Gesundheit anbelangt, kann es natürlich sein, dass ein bisschen was auf der Strecke geblieben ist, weil ich noch mal ein bisschen mehr gemacht habe. Aber: Ich möchte auch diese Zeit nicht missen.
Haben Sie auch in der Zeit, als Sie gesundheitlich angeschlagen waren, an den Aufstieg geglaubt?
In erster Linie ging es mir darum, so schnell wie möglich wieder gesund zu werden. Ich hatte natürlich die große Hoffnung, dass Gerhard die Mannschaft so weit fit hält und den Glauben aufrechterhält, dass wir bei meiner Rückkehr noch die Chance auf die vorderen Plätze hatten. Das war ja dann auch der Fall, deswegen haben wir uns da gut ergänzt und uns den Aufstieg letztlich verdient.
Welcher Spieler hat sich Ihrer Meinung nach in den vergangenen drei Jahren am meisten weiterentwickelt?
Jascha Fiesel hat in diesem Jahr einen enormen Sprung gemacht. Man muss bedenken, dass Jascha und Jona Boneberger im ersten Jahr gar nicht im Kader der ersten Mannschaft waren. Sie haben sich über die zweite Mannschaft sehr gut präsentiert. Bei Jascha war es über kurz oder lang an der Zeit. Qualität setzt sich irgendwann durch. Die Jungs waren auch beharrlich, haben an sich geglaubt und waren ehrgeizig genug. Manche lassen es schleifen, bei den beiden ist trotz aller Entwicklung Luft nach oben. Jona muss vor allem gesundheitlich fit bleiben, dann wird der FV noch Freude an ihm haben. Auch Ralf Heimgartner hat sich von seiner Persönlichkeit her sehr gut entwickelt. Mit seiner Zweikampfstärke hat er uns enorm geholfen. Ich könnte jetzt noch viel mehr Namen nennen.
Gab es andererseits Spieler, von denen Sie sich mehr erwartet hätten?
Ich muss sagen, dass die, die ich von Anfang an vom 91er-Jahrgang kennengelernt habe, es inzwischen im Kader der ersten Mannschaft gepackt haben. Auf die ist auch Verlass. Aber man kann nicht eine komplette A-Jugend übernehmen. Eine gewisse Mischung ist wichtig, auch für die Atmosphäre innerhalb des Teams. So richtig unzufrieden bin ich mit keinem. Man kann es als Trainer nicht allen recht machen, das habe ich in meiner Zeit als Trainer gelernt.
Können Sie sich denn vorstellen, in einer anderen Funktion zum FV zurückzukommen?
Im Prinzip ja, momentan aber nicht. Ich möchte den Sommer über die Ruhe genießen. In den letzten 18 Jahren hatte ich die Woche über und am Wochenende Verpflichtungen dem Fußball gegenüber. Ich möchte Zeit für meine Kinder haben, den Fußball in der Region betrachten und mich vielleicht bei einem Bundesligisten, Zweitligisten oder Drittligisten fortbilden, um aktuell zu bleiben. Es gab auch schon wieder Anfragen, aber diesen Sommer geht es mir darum, eine Pause zu machen. Dann ist im Prinzip wieder alles drin.
In der kommenden Saison wird man Sie also definitiv auf keiner Trainerbank wiedersehen?
Definitiv möchte ich jetzt nicht sagen. Denn wer weiß, was in fünf Monaten oder der Rückrunde ist. Das möchte ich nicht kategorisch ausschließen. So weit denke ich im Moment aber noch nicht.